Roman "Der Zweikampf"

 Jetzt war es soweit. Jetzt standen sie sich real gegenüber. Bisher waren sie sich nur in der geistigen Welt begegnet. Zuerst hatte er es nicht im Griff gehabt. Seine Vorstellungen hatten ihn in die Psychiatrie gebracht. Er konnte sie nicht kontrollieren. 

Er war auffällig geworden, hatte sich mit anderen Menschen angelegt und sein Alltag war im entgleist. Die Auseinandersetzung mit den fremden Botschaften hatten die Kommunikation mit anderen unmöglich gemacht. Er hatte sich für jemanden anders gehalten. War der langen Kette der Mönche, die aus der Hölle kamen entgegen gelaufen. Sah sich als Embryo auf dem Boden eines Teeglases. Er fühlte sich als Android, der mit kaputtem Bein im Kreise lief und Jahrhunderte darauf wartete, bis er von seinen Schöpfern wieder abgeholt wurde. Er saß im Wartezimmer und sah wie aus seinem Kopf weiße Asche wurde, die vom Winde in die Eismeere geweht wurde. Es war eiskalt gewesen. In den leeren Gängen des Krankenhauses dachte er, er wäre der letzte Überlebende eines Atomkrieges und würde langsam und grausam an einem Pilz sterben.

Er war überzeugt gewesen, dass Gott sich von der Menschheit abgewandt hatte und diese nun eigenverantwortlich dem Untergang geweiht war. Er war sich sicher gewesen, dass die Welt am Vorabend untergegangen war und mit dem Sonnenaufgang neu geschaffen wurde. Eine neue Welt mit neuen Regeln. Ein Welt der Menschlichkeit, im Einklang mit der Natur, ohne Krieg, in der nicht die Starken über die Schwachen herrschen. 

Und dann die Vorstellung, dass es nur ihn gab. Nur seinen Geist. Dass alles was er wahrnahm nur er selbst sei. Dass er Gott ist. Ein Gespräch mit einem Freund, empfand er als Gespräch mit sich selbst. Er saß sich selbst gegenüber und alles was der Andere sagte, waren seine eigenen Worte. Er fühlte sich so einsam damit. Er war so einsam als Gott. 

Er dachte sein Vater sei Zeus und wenn dieser morgens aus dem Haus ging, würde er vom Olymp herabsteigen, um den Menschen Gutes zu tun. Und jetzt wäre die Zeit gekommen, dass er als Sohn des Zeus, diese Aufgabe von seinem Vater übernehmen müsste. Das machte ihm große Angst.

Dies nur alle sehr kleine Auswahl seiner fast zahllosen irrigen Gedanken aus seinem bis jetzt sechzigjährigen Leben. 

Das alles waren keine Träume gewesen, sondern seine Wahrnehmung der Realität. Diese Vorstellungen hatten es ihm unmöglich gemacht ohne Hilfe weiter zu leben. Er bekam Medikamente dagegen, die ihn jahrelang gelähmt haben. Die ihn in emotional eingesperrt hatten. Die ihn erstarren ließen, aber die Vorstellungen zurück drängten. Dafür versank er in Depression. Er litt fürchterlich und wollte aufgeben, seinem Leben ein Ende machen. Aber er litt nicht genug, die Angst war größer, oder war das der Lebenswille? Er überwand diese Phase. 

Aber jetzt konnte er es kontrollieren. Seine Medikamente hielten ihn im Gleichgewicht ohne dass er unter ihnen litt. Gut, er musst auf die großen Höhen verzichten, aber wurde auch von den tiefen Tiefen verschont. Seine Gefühlsbandbreite war kleiner geworden, aber er konnte gut damit leben. Er hatte sich daran gewöhnt. 

Aber vor allem hatte er jetzt Zugang zur geistigen Welt, ohne dass ihm die reale Welt entglitt. Er wußte jetzt, wer sein Gegner war. Schon länger waren sich sich gedanklich begegnet. Er wusste jetzt, wer für seine vergangenen Leiden verantwortlich gewesen war. Wer für alle Leiden verantwortlich ist. Und er war geboren worden, um gegen ihn zu kämpfen. Für die Menschheit zu kämpfen. 

Sie waren jetzt beide zur Person geworden. 


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