Alles in Ruhe

Als ich meine Ergotherapie beendete, löste das einen Prozess bei mir aus, denn mir wurde klar, dass trotz vieler guter Gespräche meine ursprünglichen Ziele mit der ich in die Ergotherapie gekommen war, alle nicht erreicht worden waren. Der einzige spürbare Lerneffekt war, dass ich mir vornahm dies zu akzeptieren. Ja noch weitergehend alles so zu nehmen wie es ist. Die vertrackte Situation mit dem Landesverband, meine sehr häufigen Stimmungsschwankungen und so weiter. Wenn ich in eine Lage kam, die mich unsicher oder ängstlich machte, sagte ich mir, lass das zu. Das ist jetzt eben so.
Dann bin ich auf die Akzeptanz und Commitment Therapie (ACT) gestoßen. Ich bin damit noch ganz am Anfang, aber es handelt sich um eine Therapieform, die in dieselbe Richtung geht, die ich eingeschlagen habe. Es heißt darin, daß Leiden etwas ganz normales seien und jeder Mensch mehr oder weniger leidet. Dazu sagt ACT, dass es keinen Sinn macht strenge Kontrolle über den Schmerz haben zu wollen, denn das verstärke den Schmerz nur, der über kurz oder lange zurück kommt.

Was bedeutet das für mich? 

Ich möchte mich nicht länger selbst optimieren müssen. Damit hadern, dass ich mich so wenig bewege, dass ich keine Lust mehr habe, mich in neue Psychiatriethemen einzuarbeiten, dass es mir oft langweilig wird, wenn ich mich nicht mit Arbeit ablenke, dass ich ein reduziertes Leben führe, wenn ich mich mit den Erlebnissen anderer vergleiche, dass mein Gedächtnis besorgniserregend schlechter wird, dass ich ein Spielball meiner Stimmungsschwankungen bin, dass ich jeden Abend vor dem Fernsehapparat sitze und so weiter. Mein Motto ist: es ist wie es ist und es ist gut so - selbst wenn es nicht gut ist. Danach versuche ich in letzter Zeit zu leben. 

Die Frage ist nur, wie ich so zu Änderungen komme? 

Annehmen heißt ja nicht, dass ich mir keine Gedanken machen darf, wie ich besser leben könnte. Entscheidend ist, wie ich an diese Vorhaben herangehe. Nicht mehr mit Verbissenheit, Frustration und Hadern, sondern warten, bis sich die Entwicklung mehr oder weniger von alleine ergibt. Aus einer Haltung der Gelassenheit heraus.

Ich spüre ja schon lange, dass meine Energie und Motivation für den Landesverband nachlässt. Ich beschäftige mich mit seinen Themen, weil ich keine Alternative habe. Weil ich mich selbst sonst nicht aushalte. Aber wie aus diesem Hamsterrad herauskommen?

Ich hatte ja nach über einem Jahr ernsthafter Gespräche mit meiner Ergotherapeutin Frau Bürger mich endlich entschlossen 2023 nicht mehr für den Vorsitz zu kandidieren und meinen Vorstandskollegen mitgeteilt, dass wir einen Nachfolger für mich suchen müssen. Kurz darauf ging es mir besser und die Arbeit für den Landesverband machte mir wieder Freude. Und was tat ich? Nach dieser schweren und langwierigen Entscheidung, nahm ich kurz darauf alles wieder zurück.

Jetzt ist also wieder alles beim Alten. Wirklich? Ich glaube meine Haltung zu meinem Amt ist eine andere geworden. Ich mache nicht mehr jedes Thema zu meinem. Ich erlaube mir, manche Mail nur zu überfliegen und muss nicht mehr überall vorne dran sein. Habe sogar einen Auftritt im Oktober abgesagt, der mich eigentlich interessiert hätte. Aber ich wollte mich nicht noch mit einer weiteren Aufgabe belasten und unter Druck setzen. Ich möchte es aushalten lernen, wenn ich unperfekt bin und deswegen Kritik von anderen bekomme. 

Und ich möchte ausreichend Zeit mit Karin und meinen Freunden verbringen.

Aber alles in Ruhe. 

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